Im letzten Jahr ist es mir immer häufiger aufgefallen: Kunden kommen auf mich zu und haben vor allem ein Problem: Ihr bisheriger Dienstleister hockt wie eine Glucke auf wichtigen Informationen (Zugangsdaten, Passwörter, etc.) und mag diese nur ungern, oder auch gar nicht, herausgeben. Oftmals verursacht dieses Verhalten Produktivitätsverluste, die anfangs aber noch einfach zu ignorieren sind. Irgendwann fühlt sich jedoch auch der zufriedenste Kunde durch solch ein Verhalten gegängelt – und beginnt nach Alternativen zu suchen. Für den Dienstleister kann diese aggressive Form der Kundenbindung also nur begrenzt funktionieren.

Warum also gängelt der Dienstleister den Kunden?

Diese Frage habe ich mir schon oft gestellt, und so sehr ich mir auch das Hirn zermartere, mir fällt nur eine plausible Antwort ein: Es ist die einfachste Weise, seinen Kunden Geld abzuknöpfen. Gleichzeitig stellt der Dienstleister so zumindest zeitweise sicher, dass der Kunde nicht einfach zu einem Mitbewerber wechselt. Offenbar muss sich erst noch die Erkenntnis durchsetzen, dass dies keine langfristige Strategie sein kann. Solange der Zustrom von Neukunden nicht versiegt, lässt sich der Schwund durch „verbrannte“ Kunden kompensieren, irgendwann ist jedoch der Punkt erreicht, an dem der Ruf des Dienstleisters durch diese Geschäftsmethoden ernsten Schaden erleidet.

Welche Alternativen gibt es?

Meiner Ansicht nach sollte es das Ziel des Dienstleisters sein, mit seinem Kunden auf Augenhöhe zu arbeiten. Kunden mit eigenen Fachkenntnissen werden nach Bedarf unterstützt und beraten, dürfen aber auch gerne selber testen und experimentieren. Wenn einmal etwas schief geht, ist der Fachmann zur Stelle und beseitigt das Problem.

Ist der Kunde weniger erfahren, so fällt dem Dienstleister die Rolle eines Mentors zu, der zusammen mit dem Kunden die Wünsche und Anforderungen ermittelt und umsetzt. Dabei muss sowohl vom Kunden ausgehend (Umsetzung seiner Wünsche), als auch auf den Kunden zugehend gearbeitet werden (Beratung, Wissensvermittlung). So erkennt der Kunde den Wert der Dienstleistung und wird in der Regel zum treuen Stammkunden.

Eine dritte Gruppe bilden Kunden, die sich nicht mit dem „Computerkram“ befassen möchten. Hier ist der Dienstleister besonders gefordert, auf den Kunden einzugehen und seine Bedürfnisse zu ermitteln. Oftmals hat der Dienstleister hier völlig freie Hand, was Segen und Fluch zugleich sein kann. Wichtig ist hier vor allem eine sorgfältige Dokumentation, damit auch später immer vollständig erklärbar ist, warum welche Auswahl getroffen wurde. Nachvollziehbarkeit hat hier eine sehr hohe Priorität.

Übrigens: Meine Kunden erhalten vollständige Listen aller Zugangsdaten ohne Wenn und Aber – aus eigenem Antrieb und mit der Bitte, sich die Listen auszudrucken und sorgfältig abzuheften. Meine Maxime ist: Meine Kunden sollen auch ohne mich stets in der Lage sein, auf alle ihre Daten, Websites, etc. zugreifen zu können. Im Notfall muss die Möglichkeit gegeben sein, dass ein anderer Dienstleister nahtlos dort weitermachen kann, wo ich aufgehört habe. Immerhin ist es ja nicht auszuschließen, dass mir einmal ein Meteorit auf den Kopf fällt 😉

Fazit

Ich kann jedem Dienstleister nur raten, mit seinen Kunden zu reden, einen offenen und ehrlichen Dialog zu führen und auf jegliche Bevormundung seiner Kunden zu verzichten – es ist letztlich in seinem eigenen Interesse. Ansonsten sucht sich der Kunde irgendwann einen Dienstleister, der besser zu ihm passt und ihn auch als gleichberechtigten Partner ernst nimmt. Schließlich erwartet der Kunde für sein gutes Geld auch gute Leistung und keine Gutsherrenart.